Die Geschichte Ballwils - ein Überblick

Eine aktuelle Darstellung der Geschichte von Ballwil gibt das Geschichtswerk «Vom Mammutzahn zur Seetalbahn – Ballwil im Rückspiegel». Es ist aktuell noch in Bearbeitung, Band 1 ist bereits erschienen. Weitere Informationen und ein Formular zur Bestellung finden Sie auf der Website des Buchprojekts Geschichte Ballwil.

 

Die nachfolgende Zusammenfassung des im Jahr 2005 verstorbenen Ballwiler Historikers Joseph Bühlmann gibt einen kurzen Überblick über wichtige Ereignisse in Ballwils Geschichte.

Das Gebiet der Gemeinde Ballwil ist geprägt vom stetig wachsenden Dorf, den historischen Weilern Mättiwil, Gerligen, Wissenwägen, Wald und Gibelflüh sowie zahlreichen Einzelhofsiedlungen. Mit der Kultivierung des heutigen Gemeindegebiets haben, vorab im untern südlichen Teil, schon die Römer begonnen - vermutlich ein Jahrhundert nach Christi Geburt. Ihre landwirtschaftliche Tätigkeit bezeugen Überreste eines römischen Gutshofes aus dem 2. Jahrhundert n.Chr., die 1978 auf dem Gehöft Bälletz entdeckt wurden. Römische Gutshöfe sind auch in der unmittelbaren Nachbarschaft Ballwils, in Ottenhusen und Abtwil, nachgewiesen. Nach deren Zerstörung durch alemannische Kriegsscharen um 270 n.Chr. folgten dunkle Jahrhunderte, aus denen nichts bekannt ist.

Um 900 erstmals erwähnt

Um 600 wanderten friedliche alemannische Siedler das Seetal herauf und liessen sich an fruchtbaren und wasserreichen Stellen mit ihren Sippen nieder. Eine Alemanne namens Baldo (der Kühne) gründete den Weiler Baldewilare, ein anderer Gerligen - der Name enthält das germanische Wort ger, Speer. Im Laufe der Zeit, wohl schon vor 1200, entstanden weitere Weilersiedlungen und viele Einzelhöfe. Ballwil selbst wird erstmals um 900 im Zinsverzeichnis der Fraumünster-Abtei in Zürich erwähnt. Der Deutsche König Ludwig hatte im Jahr 853 die Zinsen aus unserer Gegend dem Zürcher Kloster geschenkt. Der Ortsname wird um 900 Paldiwilare geschrieben, später Baldewile. Auf mittelalterliche Rodungen in der Gemeinde lassen Ortsnamen wie Rüti, Brand oder Wald schliessen.

Die Ritter von Baldewile

Um 1210 erscheinen urkundlich die Ritter von Baldewile - sie nennen sich nach ihrem Wohnort, wo sie eine Burg und ein Kirchlein erbauen liessen. Sie waren Dienstleute der Grafen von Kyburg und Habsburg. Ihre Herrschaft umfasste nur einzelne Höfe im Weiler Ballwil. Das vornehme Rittergeschlecht existierte bis um 1380 mit sechs Generationen und etwa dreissig nachweisbaren Personen. Es gründete die 1275 erstmals erwähnte Kirche mit einer kleinen Pfarrei, die nur gerade den Weiler Ballwil umfasste. Das übrige heutige Gemeindegebiet gehörte bis um 1812 zur alten grossen Pfarrei Hochdorf. Bereits 1246 wird ein Leutpriester, Pfarrer zu Ballwil, genannt.

Dem Erdboden gleich

Das der heiligen Margaretha geweihte Kirchlein der Ritter und ihrer Untertanen verarmte zur Zeit der Auseinandersetzungen des Sempacherkrieges und nach dem Aussterben des Adelsgeschlechtes. Die kleine Pfarrei musste sich 1454 der Heilig-Kreuz-Kaplanei der Pfarrkirche Hochdorf anschliessen. Die Burg der Ritter ging an das Luzerner Patrizier-Geschlecht von Sonnenberg über, von denen ein Zweig im 15. Jahrhundert auf der Burg von Ballwil sass. Diese zerfiel im Laufe des 16. Jahrhunderts, später wird sie als Ruine erwähnt. 1849 wurden ihre Mauerreste und selbst der Burghügel abgetragen, so dass heute keine Spuren mehr sichtbar sind - einzig die Ortsbezeichnung Schloss erinnert noch an den Wohnturm der Ritter von Baldewile. Das weisse Einhorn, ein Fabeltier, das Ballwil in seinem nach 1800 geschaffenen Wappen führt, war ein vielfach bezeugtes Siegel der Ballwiler Ritter.

Pfarrwahlrecht zur Belohnung

Die Herren von Sonnenberg, insbesondere der Johanniterkomtur Franz von Sonnenberg, liessen, obwohl sie nicht mehr in Ballwil wohnten, durch reiche Geldgaben und politischen Einfluss 1678 die kleine Pfarrei neu entstehen. Zum Dank dafür erhielten sie von Ballwil das Pfarrwahlrecht (die so genannte Kollatur). Sie übten es bis zur Gegenwart als Präsentationsrecht an den Bischof aus. Die Familie hat heute ihren Wohnsitz auf Schloss Kastelen bei Alberswil.

Vorläufer Mettenwil

Im Weiler Wissenwägen waren die Herren von Wissenwegen ansässig, ein Geschlecht niederen Adels, das sich im 14. Jahrhundert in Luzern niederliess und dort hohe Beamte stellte. Als Vorläufer der Gemeinde Ballwil erscheint um 1306 im Habsburgischen Urbar der Hof Mettenwil. Um 1413 kam Ballwil an Luzern. Im 17. / 18. Jahrhundert hiess die heutige Gemeinde Ballwil "Hof Mettenwil" und führte ein eigenes Wappen. Erst 1814 nahm sie den Namen Gemeinde Ballwil an.


Ein Architekt aus Bayern

Von 1806 bis 1812 kamen die bisher zur Pfarrei Hochdorf gehörenden Weiler und Höfe samt Ottenhusen, Gemeinde Hohenrain, zur Pfarrei Ballwil, während der Weiler Wald der Pfarrei Inwil zugeteilt wurde. Um die Mitte des 19. Jahrhunderts zählte die Pfarrei Ballwil nun mehr als 1100 Personen. Da genügte die 1711 erbaute barocke Pfarrkirche nicht mehr. Nach Plänen des jungen bayrischen Architekten Johann Seidl liess Pfarrer Xaver Herzog (der "alte Balbeler") während des Sonderbundskrieges zum 1815 erstellten neuen Turm eine neue grosse Kirche erbauen. Statt des damals noch üblichen Landbarockstils wählte er als Bauform den neuartigen romantischen Münchner Rundbogenstil. Erstmals wandte man sich damit in der Innerschweiz vom barock-klassizistischen Kirchenbauschema ab. Kurz nach 1900 wurde die Kirche nach dem Geschmack der Zeit stark umgestaltet. Eine fachgerechte Restaurierung stellte 1976/77 den ursprünglichen Zustand so weit als möglich wieder her.


Joseph Bühlmann